Beobachtung der Woche: Deutschland ist picke packe voll. Mit Menschen, Häusern, Straßen. Das fällt mir nach 23 Jahren auf. Jetzt wo ich durch Neuseeland reise, wo überall Platz ist. Zum Durchatmen, für den Weitblick. Auf einen Neuseeländer kommen hier 10 Schafe. An der Stadtausfahrt von Nelson steht die letzte Ampel bis nach Christchurch (um dahin zu kommen muss man die halbe Südinsel umrunden und Queenstown, eine der großen Städte Neuseelands, durchqueren). Damit nur 2 Beispiele die beweisen: Hier steht die Natur im Mittelpunkt. Und das zu Recht. Außerdem ist es beneidenswert zu sehen, wie hier die Kultur der Maoris aufrechterhalten wird. Nicht nur, dass alle Straßenschilder stets auch in der Sprache der Maori den Weg weisen, bei jedem Rugby Spiel führen die neuseeländischen Spieler den Busch Haka auf. Einen alten Maori Kampftanz. Stellt man sich die deutsche Nationalelf vor, wie sie wie die Neandertaler übers Feld hüpfen, kann man sich das Gesicht des Deutschen vorstellen. Es wäre von Pein gezeichnet. Hier kennen auch die besten Sportler des Landes keine Scham und ehren tanzend und Grimassen ziehend ihre Vorfahren und erhalten ihre Kultur auch in der Öffentlichkeit mit Stolz am Leben. Beneidenswert.
Investition der Woche: Von Geld möchte ich eigentlich gar nicht sprechen. Auch meinen Kreditkarten Kontostand habe ich vorsorglich seit einer Woche nicht gecheckt, um mir nicht meine Laune zu verderben. Die letzten zwei großen Investitionen der Woche hatten es dann auch noch ordentlich in sich: 140$ für eine geführte Gletscherwanderung in Franz Josef und 159$ für einen Trip zum Milford Sound. Beides allerdings Dinge, die man, einmal in Neuseeland, auf keinen Fall verpassen darf. Milford Sound steht so ziemlich auf jeder Neuseeland To Do Liste an Platz 1. Zu Recht. Im Bus dorthin wurde uns ein Film von der Landschaft gezeigt die uns dort erwartete. Ein Sound ist eine Art Fjord, der allerdings mit Gletscherwasser gefüllt wird. Davon gibt es nur 2 weltweit. Einmal hier. Und einmal in Norwegen. Aber genug zu den Fakten. Die DVD war atemberaubend. Nie zuvor habe ich eine so schöne Landschaft gesehen. Dieser Trip zum Milford Sound ist eng verknüpft mit der Erfahrung der Woche.
Erfahrung der Woche: Das erste Mal in meinem Leben realisierte ich, auf welch einem fantastischen Planeten wir eigentlich leben. Das was ich da fühlte war Stolz. Das erste Mal in meinem Leben war ich richtig froh darüber Sehen zu können. Ich dankte meinen Ohren, der Nase, allen meinen Sinnen dafür, dass ich das alles aufsaugen konnte, was mich da umgab. Keine Sorge, ich werde weiterhin Fleisch essen, auch mal ein Bad nehmen und sicher nicht all die Energie sparen die ich könnte. Und ich werde weiterhin nicht die Grünen wählen. Was ich definitiv tun werde: Noch viel mehr Reisen, um weitere solcher Orte zu entdecken. Das Beste war, wenn man während des Dokumentarfilms mal kurz rausschaute, sah man fast eine ähnlich filmreife Landschaft am Busfenster vorbei gleiten. Eines Tages komme ich wieder, mit mehr Zeit und Geld, damit ich den ganzen Fjordland National Park bewandern und bewundern kann.
Ort der Woche: Auch auf die Gefahr hin, dass es offensichtlich war: Milford Sound, Fjordland National Park, South Island, Mother Earth. Wenn ich früher versuchte mir einen perfekten Ort vorzustellen, waren dort auf jeden Fall Palmen, weißer Sand, türkises Wasser und Kokosnüsse zu finden. Erstaunlich, dass es nun ein Ort ist, der nichts von alledem vorweisen kann.
Viech der Woche: Der Hirsch. Jetzt mag man sich fragen, was das denn soll. Schließlich, so denkt man sich, gibt es am anderen Ende der Welt ja wohl exotischere Tiere als Hirsche! Aber er gehört eben zur Geschichte Neuseelands und lässt die Kiwis recht gut, ja sogar kreativ, erscheinen. Es ist jedenfalls so: Als Herr Cook Neuseeland entdeckte, da fand er hier nichts weiter vor als weite, mit Gras bewachsene Natur. Hier wuchsen keine Delikatessen auf Bäumen, wie etwa in Australien. Hier mussten die Bewohner schon ein bisschen mehr Hand anlegen. Also begannen sie die Äcker zu bestellen und Tiere zu züchten. Wie man sich nun aufgrund der Einleitung vorzustellen vermag – auch Hirsche. Dummerweise aber auch Rehe. Denn zusammen fühlten sie sich so richtig wohl hier und begannen sich so sehr zu vermehren, dass sie alsbald zu einer wahren Bedrohung für die Landschaft wurden. Nun kommt der kreative Kiwi ins Spiel, denn dieser musste nun versuchen die Viecher davon abzuhalten sich andauernd zu paaren. Hätte ich dieses Problem lösen müssen, wäre ich wohl zuerst auf ein Hirschkondom gekommen. Die Kiwis gingen das Problem weniger liebevoll an, sie begannen die Jagd. Die Art und Weise wie sie das anstellten, wechselte fast monatlich und fing mit der herkömmlichen Jagd an, so wie wir sie auch in Deutschland kennen. Schnell wurde das Wandern und Warten in den unendlichen Weiten Neuseelands allerdings zu anstrengend und man begann sie mit Helikoptern zu verfolgen (was uns imposant, mit reichlich Actionmusik unterlegt, in einem dreiviertelstündigen Film dargeboten wurde). Als man dann irgendwann auf den Trichter kam, man könne die Tiere auch noch ausschlachten nachdem man sie abgeschlachtet hatte, kletterte man geschwind aus dem Flieger, band die riesigen Kadaver daran fest und flog sie durch die Gegend. Dann kam die „Tod oder Lebendig“ Methode außer Mode und man wollte sie auch noch lebendig fangen. Von Gewehren, Fischernetzen und Betäubungsmitteln mochte ich die letzte, folgende Methode am liebsten: Wagemutige, nicht gerade junge Kiwis, sprangen aus den Helikoptern auf die Hirsche drauf, brachten sie so zu Fall und wickelten sie dann in Netze. Ich bitte darum, sich das kurz bildlich vorzustellen da die DVD leider nicht käuflich war und mir nur übrig bleibt diese seltsame Jagdmethode mit Worten zu beschreiben. Außerdem war auf der DVD ein Nachrichtenausschnitt aus Amerika zu sehen, der davon berichtete wie die Amis einmal sogar ein paar Kiwis einflogen, um von ihnen ein paar amerikanische Elche „umfliegen“ zu lassen. Ich sage mal, Hut ab! Technisch vielleicht nicht unbedingt das Neuste, aber an Kreativität kaum zu übertreffen. Abschließend bleibt zu sagen, das Problem wurde gelöst. Jetzt weiden die Hirsche friedlich neben Kuh und Schaf auf einer Koppel. Und die neuseeländischen Rehe werden endlich wieder ausschließlich von Hirschen besprungen.
Rest der Woche: Von Nelson ging es über Westport nach Lake Mahinapuha. Von dort nach Franz Josef wo ich den Glacier Hike machte und endlich mal wieder zwei Nächte im gleichen Bett verbrachte. Die zweite Nacht war recht unruhig, da wir gleich zweimal von einem Feueralarm geweckt wurden (lustig zu beobachten, dass von dem ganzen Zeug was ich mit mir umherschleppe meine Kamera, meine Foto-CD’s und erst ganz zuletzt mein Portmonee, alles waren, was ich vorm vermeintlichen Feuer wirklich hätte retten wollen. Von materiellem Wert ist tatsächlich nur noch meine Kamera). Nach 2 herrlichen Tagen mit Wandern, Saunen und relaxt in der Sonne liegen, ging es dann nach Wanaka. Dort wandte ich endlich mal wieder meine Lieblings-Erkundungsmethode an: Joggen. Ich rannte in den Sonnenuntergang über dem See von Wanaka, einem herrlichen kleinen Skiort. Am nächsten Tag ging es schließlich nach Queenstown, einer wunderschönen Stadt am zweitgrößten See Neuseelands gelegen. Queenstown ist mit Abstand meine Lieblingsstadt in Neuseeland. Leider hatte ich hier nur 2 Nächte. Macht aber nichts, da auf meiner kürzlich verfassten „100 Träume die ich verwirklichen will – Liste“ steht: Milford Sound Walk. Da kann ich dann auch etwas mehr Zeit in Queeny verbringen. Lustige Vorstellung, dass ich dann wahrscheinlich schon alt und faltig bin. Auf keinen Fall aber tatterig – sonst schaffe ich den 52 Kilometer Walk nicht mehr.
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