Sapa // Bac Ha // Tam Coc

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Beobachtung der Woche: Die Qual der Wahl des Reiseziels ist die vielleicht größte Herausforderung des Reisenden. Das wundervolle Hanoi führte uns diese Tatsache mal wieder vor Augen, denn es birgt ein kleines Problem: seine Lage. Sternförmig um die Hauptstadt liegen diverse potentielle Sehenswürdigkeiten. Nordwestlich befindet sich die bekannte Halong Bay, nordöstlich liegt, über den Wolken gebettet, Sapa mit seinen Reisfeldern und malerischen Dörfern in denen einige der 53 Minderheiten Vietnams (oftmals noch in ihren Trachten und nach ihren alten Traditionen) leben. Östlich schmiegt sich ein weiteres verheißungsvolles Land an Vietnam, hier bei Hanoi ist die beste Stelle, um in das von allen Seiten gelobte, laotische Städtchen Luang Prabang zu gelangen. Und südlich, auf der eigentlichen Reiseroute Richtung Ho-Chi-Minh, liegt Tam Coc ­– „Halong Bay on land“ wie es hier gerne genannt wird. Dort kann man mit kleinen Paddelboote zwischen beeindruckenden Karstbergen, Reisfeldern und Höhlen umherpaddeln. Na, wofür würdest Du Dich entscheiden? Klingt alles ziemlich verlockend oder? Zeit und Geld, die beiden Faktoren die eine Reise am meisten beeinflussen, halfen uns bei der Entscheidung. Anstatt der Versuchung nachzugeben auch noch das so reizvolle Laos zu erkunden, beschlossen wir, uns lieber komplett Vietnam hinzugeben. Statt schnell viel zu sehen und für einen circa siebentägigen Ausflug nach Laos für Flüge und Visa weitere 280€ auszugeben (die Fahrt durch den Dschungel und über die Grenze nach Laos soll wenig empfehlenswert sein), blieben wir also in Vietnam und schauten uns dafür alle anderen oben aufgezählten Orte an. Diese Entscheidung bescherte uns folgendes:

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Ort der Woche: Sapa. In einem riesigen Tal aus grünen Reisterrassen liegt diese kühle Bergstadt im Norden Vietnams. Und obwohl dieser Ort nicht im klassischen Sinne schön ist, werde ich ihn noch lange in Erinnerung behalten. Nur 10 Kilometer von hier erhebt der Fansipan sein steiniges Haupt, der höchste Berg Vietnams. Sein Antlitz bekamen wir jedoch nie zu sehen, da es stets von Wolken verschleiert wurde. Und auch im gesamten Tal muss man mit einem Schleier von Wolken rechnen – einen Blick auf die atemberaubende Landschaft konnten wir also selten in ihrer klaren Vollkommenheit genießen. Hinzu kam, dass wir leider 2-3 Wochen zu spät dran waren. Wer im August und September nach Sapa kommt, wird ein anderes Tal vorfinden. Denn dann sind die Reisfelder nicht grün, sondern strahlend gelb. Oftmals versuchte ich mir beim Blick ins Tal dieses Farbspektakel vorzustellen. Es gelang mir nicht. Schon jetzt war das Tal wunderschön. Wie schön muss es vor wenigen Wochen ausgesehen haben? Es war vor allem die Umgebung der Stadt die mich beeindruckte. Überall schlängeln sich hier schmale Wege durch einfache Dörfer auf denen man eine vergangene Zeit entdecken kann. Natürlich ist alles schon verwestlicht und modernisiert (so langsam fürchte ich, es gibt keinen Ort mehr auf der Welt, der absolut unberührt von der Moderne ist). Aber es ist immer noch fremd, anders, schön hier. In diesem Gebiet Vietnams leben die Völker der H’mông, Red Dao, Tày und Giay. Sie gehören zu der ethnischen Minderheit hier und sind wohl die ersten, die dieses Tal einst besiedelten. Sie kommen in ihren Trachten nach Sapa, um den Touristen ihre Ware anzubieten. Und das tun sie auf eine so aufdringliche Art und Weise und gleichzeitig mit so viel Freundlichkeit, ja sogar Humor, dass es richtig Spaß macht sich von ihnen anquatschen zu lassen. Die buntgekleideten Damen haben oftmals nur eine einfache Bildung, aber ihr Englisch ist dank der vielen Ausländer hier sehr gut. So kann man sich blendend mit den Frauen und Mädchen unterhalten, fragen woher sie kommen, wie sie leben und mit ihnen plaudern. Mit Sue vom Volk der H’mông freundeten wir uns richtig an und sie verabschiedete uns nachher als unsere „Mama Vietnam“. Wir hatten ihr den Tipp gegeben, doch ein paar andere Dinge anzufertigen als alle hier. So bieten zum Beispiel alle Taschen, Decken und Armbänder an. Wir schlugen ihr vor Handytaschen oder Kamerabänder aus ihren geknüpften Stoffen zu fertigen und bastelten ihr einen Dummy aus Pappe der Originalgröße eines iPhones. Nun hatten wir eine Freundin fürs Leben. Denn sie verstand sofort den Geschäftssinn dahinter und fertigte uns gleich eine Probetasche. Gar nicht so schlecht für den Anfang. Den Rest unserer Zeit verbrachten wir jedenfalls damit, die Umgebung mit dem Roller zu erkunden. Eigentlich kommen alle zum Trekking nach Sapa – eine Beschäftigung die auch ich sehr schätze. Aber als wir am ersten Tag sahen wie Touris im Entenmarsch die Hautstraße entlang marschierten, beschlossen wir es anders zu machen als alle anderen. Während man auf einer 1-2 Tagestour (mit Guide) nur eine Richtung und wenige Orte erkunden kann, entdeckten wir die gesamte Umgebung. Dort wo die anderen liefen, konnten wir fahren, der Weg war der gleiche. Wundervolle Wege. Wie für einen Roadtrip mit dem Roller gemacht. Sicher hatte diese Art der Erkundung auch Nachteile, ich liebe das Wandern, vor allem die Ruhe der Natur. Doch so viele Orte zu sehen, den Wind im Haar, war auch sehr schön. Wer also vor dem gleichen Problem steht wie wir, nicht weiß wohin er von Hanoi aus fahren soll, ich kann Sapa sehr empfehlen. Doch beeilt euch. Die nächsten Hotels werden schon gebaut.

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Investition der Woche: Nachdem wir uns gegen Laos entschieden hatten, scheuten wir keine Wege und Mühen mehr, um an die Orte in Vietnam zu gelangen, die verheißungsvoll klangen. Morgens um 6 Uhr bestiegen wir also einen klapprigen Bus, der uns in drei kurvigen und hügeligen Stunden nach Bac Ha brachte. Hier findet jeden Sonntag ein riesiger Markt statt, zu dem die Bewohner der umliegenden Dörfer pilgern, um ihre handgefertigte Ware zu verkaufen. Es gibt einen riesigen Viehmarkt, auf dem gigantische Bullen und winzige Hundewelpen verkauft werden. In einem überdachten Teil werden ebenfalls Tiere verkauft, allerdings ohne Kopf. Diese liegen meist, stumpf dahin starrend, am Anfang des Standes und warte auf ihren allerletzten Weg – in die Kochtöpfe der hungrigen Meute. Schon auf meinen Reisen in Guatemala, Peru, ja Italien und Spanien, liebte ich den Besuch der Wochenmärkte. Denn hier findet das „wahre“ Leben statt. Hier sieht man welche Ware die Einheimischen fertigen, welches Speisen sie gerne essen, wie sie miteinander interagieren. Stundenlang könnte ich die geschäftigen, feilschenden Händler beobachten. Besonders ansehnlich sind natürlich die Märkte, auf denen sich die Akteure auch noch besonders in Schale werfen. So konnte man auf dem Markt in Bac Ha, zwischen den bunten Gemüsen und Handstickereien, auch die verschiedensten farbenfrohen Völker ausfindig machen, denn ihre Trachten unterschieden sich in verschiedensten Details. Nur bunt waren sie alle. Der sonntägliche Besuch in dem Bergdorf hat sich gelohnt. Und das sage ich, obwohl wir auf der Rückfahrt mit Reisenden und Einheimischen auf den Sitzen gestapelt wurden (eine davon hatte soeben einen lebenden Hahn in einer Plastiktüte erstanden). Ein absolutes Muss ist die Reise dorthin aber nicht. Wer nun ausgerechnet montags in Lao Cai oder Sapa ist, der braucht nicht unbedingt eine ganze Woche auf dieses Spektakel zu warten. Es gibt auch andere, kleiner Märkte, unter der Woche. Wenn man genauer hinsieht, sind diese bestimmt auch spannend zu sehen. Und für den auf Souvenirs erpichten Reisenden bleibt noch zu sagen: Ja, auch wir haben fleißig gehandelt und gefeilscht und ein paar Handarbeiten erstanden. 50-60% des zuerst gebotenen Preises kann man die hartnäckigen Herrschaften noch im Preis drücken. Viel Erfolg.

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Viech der Woche: Arme Schweine. Neben den Bullen und Welpen wurde auf dem Markt alles verkauft, was man auf einem vietnamesischen Bauernhof eben so findet. Hühner, Pferde, Schweine. Vor allem die Ferkel sind mir allerdings in Erinnerung geblieben, weil sie weinten wie Babys als die von den kunterbunten, rabiaten Frauen in Säcke gesteckt wurden. Sie zappelten dann so lange, bis sie ihre hektisch flatternden Schnauzen aus irgendeinem Loch des Beutels stecken konnten, um nach Luft zu japsen. Der morgendliche Spaziergang durch die Fleischhalle war schon eine Herausforderung für mich gewesen. Die ängstlichen Hilfeschreie der Schweinebabys gingen mir durch Mark und Bein. Hier sieht man eben, wie ein saftiger Burger „bearbeitet“ wird, bevor er zwischen zwei Brötchenhälften gepresst wird. Eigentlich fällt es mir gar nicht schwer, auf Fleisch zu verzichten…

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Erfahrung der Woche: Ein Roller bedeutet Freiheit. Ich habe mal wieder gemerkt, wie wenig ich geführte Touren mag. Es gibt doch nichts Schöneres, als den Nervenkitzel des „auf-sich-allein-gestellt-seins“. Es gibt nichts verlockenderes, als eine Straße ohne Namen. Als einen Weg ins Ungewisse. Hinter jeder Kurve lauert vermeintlich eine spannende Reisegeschichte, ein schöner Aussichtspunkt. Wir haben auf dieser Reise in Asien die Erfahrung gemacht, dass wir die Orte am meisten genossen, in denen wir uns mit Rad oder Roller autark bewegen konnten. Die Tour nach Halong Bay konnten wir nicht alleine machen, da wir nun mal keine Kapitäne sind. Den Trip nach Tam Coc machten wir semi-geführt, indem wir uns einen einheimischen Guide nahmen, der mit seinem Roller, unserem Roller vorweg fuhr, um uns den Weg abseits der großen Straßen zu zeigen. Da wir dort nicht viel Zeit für erfrischende Umweg gehabt hätten, war es für diesen Ort auch soweit ok, wobei es schon schade ist, dass nicht einmal die Reiseführer so englisch sprechen können, dass man sie immer verstehen kann. Denn das ist der einzige Grund, der für mich für eine geführte Tour spricht. Man erfährt Dinge über die Geschichte des Landes und Geschichten über die Dinge des Landes, die man sonst so in keinem Reiseführer erfährt. Als wir dieses besonderer Exemplar eines Guides fragten, er solle uns über den Indochina Krieg erzählen, sagte er nur: „Über den Indochina Krieg wissen wir nicht so viel. Wir reden da nicht drüber. Wir wollen das vergessen.“ Was soll man dazu sagen? Gelernt haben wir so in gewisser Weise natürlich doch etwas, was in keinem Reiseführer steht. Diese Roller-Freiheits-Erfahrung führte mir noch etwas anderes ganz klar vor Augen: Warum die Vietnamesen, ja die ganzen Asiaten, ihre Roller so lieben.

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Ein paar weitere Erfahrungen:

Wer nach Sapa oder Tam Coc reist, sollte versuchen dies im August oder September, vor der Ernte und während der Blüte der Reisfelder zu tun.

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Tran Anh ist spektakulärer als Tam Coc. Während man bei der Bootstout in Tam Coc viele Stellen auch mit dem Roller besichtigen kann, sieht man in Trang Anh mehr und zahlt weniger.

Handeln, feilschen, tricksen. Hinterfrage jeden Preis. In Vietnam ist der erste Preis nie der wahre Preis. Selbst beim Kauf eines Snickers ist Spielraum. Auf dem Weg von Lao Cai nach Sapa waren wir die einzigen Insassen im Bus, die nur 50.000 Dong für den Weg zahlten, alle anderen zahlten 100.000 Dong. Wir hatten uns vorher im Hotel erkundigt was die Fahrt kosten dürfe. Tage später erfuhren wir durch Zufall, dass 30.000 Dong der reguläre Preis sei. Also, auch wenn es manchmal anstrengend ist: erst pokern, dann blechen.

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Hotels und Restaurants:

In Sapa wohnten wir im Elegance Hotel. Es liegt etwas abseits des Troubles und ist sehr ruhig. Das Frühstück ist köstlich und das Personal freundlich und hilfreich. Ein Hotel, das ich absolut empfehlen kann.

Herausragend in Sachen Essen war eigentlich nur das Essen im The Hill Station. Nicht nur das abwechslungsreiche Essen gefiel uns hier, sondern auch die schicke Gestaltung des Ladens.

Die Hotels in Ninh Binh und Lao Cao kann ich nicht empfehlen, da es einfache und billige Unterkünfte für eine Nacht waren.

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