Beobachtung der Woche: Zeit ist kein Geld auf Sansibar. Wäre das so, müssten die Menschen hier jedenfalls nicht in diesen spärlichen Lehmhütten wohnen. Zeit hat hier keinen Wert. Und wer hier irgendwie Zeit sparen will (und das wollen nur Touristen), der braucht eben Geld (und das haben nur Touristen). Manchmal klappt es und man kann damit dann schneller zum Ziel kommen, zum Beispiel mit einem privaten Taxi statt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Aber da wir etwas Zeit hatten und etwas Geld sparen wollten, entschieden wir uns für das öffentliche Verkehrsmittel Dalladalla, um von der West- an die Ostküste zu fahren. Man kann sich jetzt schon denken, dass dies mit Dalli Dalli nichts zu tun hat. Erstmal wurden wir natürlich beim Fahrpreis übers Ohr gehauen, soviel Zeit muss sein, und danach bei der Abfahrtszeit. Wir hatten zwar geübt gefragt, ob der klapprige Pritschenwagen erst losfahren würde wenn er voll sei, aber man hatte uns wild gestikulierend versichert, dass er in zehn Minuten losfahren würde. Daraus wurde eine Stunde oder mehr. In Minuten zu rechnen wäre geizig. Das Dalladalla war jedenfalls voll als wir losfuhren. Wir saßen Schulter an Schulter mit den schnatternden Schwarzen, wie die Hühner auf der Stange. Nach nur wenigen Minuten stoppten wir, um Eisenstangen, Betonsteine und weitere Menschen aufzuladen. Jetzt war es wirklich eng. So eng, dass wir uns auf 1,5 sehr unbequeme Stunden gefasst machten. Aber schon nach wenigen Minuten hielten wir wieder an. Tatsächlich passten weitere 10 Passagiere irgendwie auf die Ladefläche. Und wir sollten wieder anhalten. Nun hatte ich mein Knie unter der Achsel eines Mannes und meinen Fuß auf dem Fuß von Irgendjemandem. Erst später stellte sich heraus, dass er Tom gehörte. Jetzt wurden noch 20 Paletten roher Eier aufgeladen und endlich stieg auch mal jemand aus. Wie einige der Insassen doch tatsächlich schlafen konnten war mir ein Rätsel. Meinen Pobacken scheinbar nicht, denn beide schliefen nacheinander so tief und fest ein, dass sie meinen rechten Fuß gleich mit in den Schlaf rissen. Ich fühlte mich wie in einem Viehtransport. Es war tierisch heiß und so roch es auch. Der Mann, unter dessen Achsel mein Knie steckte, erwiderte mein verlegendes Lächeln nicht. Und auch die restlichen Mitfahrer fanden es scheinbar ebenfalls nicht erfreulich, dass wir auf landestypische Weise mitreisten und schauten uns nur unfreundlich an. Irgendwann schafften wir es tatsächlich zum Ziel – wir waren die letzten beiden Passagiere die den Pferch verließen. Wir hatten zumindest genug Zeit damit verschwendet darüber nachzudenken, dass wir am Geld für Transport ganz bestimmt nicht mehr sparen würden.
Viech der Woche: Der Seeigel. Klingt langweilig, war aber ziemlich nervenaufreibend. Eines Morgens, die Ebbe hatte gerade ihren kilometerweiten Weg zum Meer zurückgelegt (auf Zanzibar dauern die Gezeiten deutlich länger als an der Nordsee und das Wasser legt deutlich weit Strecken zurück), da machten wir uns unsererseits auf den Weg zum Meer. Weit hinten gab es eine Sandbank, die Grenze die das Maximum der Ebbe markierte. Dorthin wollten wir laufen. Nach einigen hunderten Metern stapften wir dann durch seichtes Wasser, welches auch bei Ebbe dort stehen blieb. Dort hätten auch wir stehen bleiben und umkehren sollen. Aber wir wollten es wissen und umrundeten leichtfüßig die wenigen Seeigel. Bald wurden es aber so viele, dass ein Fakir seine wahre Freude an diesem Stachelteppich gehabt hätte. Unser Wille war scheinbar dem eines Fakirs ähnlich, denn wir umrundeten immer vorsichtiger weiter das schwarze Stachelmeer. Wir sprachen einander gut zu, die einheimischen Frauen würden das schließlich auch jeden Tag machen, um ihre Seegras-Plantagen zu ernten (das sind einfache Stöcke die in den Sand gerammt werden und die beim Ablaufen des Wasser die Algen festhalten). Erst als wir nur noch wenige Meter von der Sandbank entfernt waren sahen wir, dass die Damen dabei allerdings Schuhe trugen. Wir sahen schwarz und drehten um. Langsam wie Igel tapsten wir vorsichtig zurück und rollten uns lieber wieder unter unserem Sonnenschirm auf der Liege zusammen.
Investition der Woche: 35 Dollar für eine Gewürztour. Nachdem wir eine Woche mit Nichtstun verbracht hatten und uns erfolgreich gegen alle touristischen Unternehmungen gesträubt hatten, entschlossen wir auf dem Rückweg in unserem Privattaxi spontan, doch noch eine der Gewürztouren zu machen, die in Stonetown an jeder Ecke feil geboten worden war. Unsere Fahrer boten uns an direkt den Schlenker zu einer Gewürzfarm zu machen, um so (man glaubt es kaum!) Zeit zu sparen. Sie hatten scheinbar verstanden wie Deutsche funktionieren und uns damit am Haken. Es hat sich gelohnt, denn so wissen wir nun nicht nur wo der Pfeffer wächst, sondern auch wie. Und Vanille und Nelken und Muskat. Unser lustiger Führer war sehr zufrieden mit unserem Talent die, teilweise unerkennbaren, Gewürze zu erschmecken oder zu erriechen. Aber als er mit uns vor einem unscheinbaren Baum ohne jegliche Früchte stehen blieb, hatten wir ein Brett vorm Kopf. Er nahm ein Messer und schnitt ein Stück der Rinde ab. Und die Luft erfüllte sich mit einem herrlichen Duft von Weihnachten. Es war ein Zimtbaum. Da staunten wir aber Baumklötze!
Rest der Woche: Was haben wir alles erlebt und beobachtet in diesen 10 Tagen, obwohl wir uns nicht viel von der Stelle bewegten. Bei unseren Strandspaziergängen stießen wir zufällig auf eine Dhow-Regatta (Dhows sind traditionellen Holz-Segelboote), auf zahlreiche Massai die vom Festland Tansanias kamen, um hier ihre Ware an Touristen zu verkaufen. Oder auf Kinder, die sich aus leeren Flaschen oder Milchpackungen Autos mit Rädern aus deren Deckeln gebaut hatten und damit Rennen fuhren. Wir lernten die zanzibarische Küche kennen, die köstliche indische Einschläge hat, aber auch oft ganz unbekannte Geschmäcker für uns bereithielt. Ich brauchte nur 10 Meter aus unserem Hotel direkt am Strand zu spazieren, da stand ich inmitten eines bettelarmen afrikanischen Dorfes und hatte ein halbnacktes schwarzes Mädchen auf dem Arm und ein weiteres am Rockzipfel die sich zutraulich an mich schmiegten. Ich hatte mir Zanzibar als eine sehr touristische, und dadurch recht weit entwickelte, Insel vorgestellt. Aber nachdem man Stonetown einmal verlassen hatte, spürte man, dass man in Afrika ist. Die Armut hier steht in einem hässlichen Kontrast zu dem optischen Reichtum der Insel. Auch die ersten wirklichen Begegnungen mit den Menschen des schwarzen Kontinents waren oft verstörend. Oft wurde man herablassend behandelt, auf der Fahrt im Dalladalla wurden wir sogar ungeniert ausgelacht, von drei schwarzen Frauen und einem Mann die auffällig Unverständliches über uns sprachen. In diesem Moment habe ich mich so unwillkommen gefühlt wie in noch keinem anderen Land. Ich fühlte mich gekränkt und verletzt. Für mich war Rassismus nie ein Thema gewesen und Hautfarbe nur ein visueller Unterschied. Aber in diesem Moment konnte man deutlich spüren, dass manche die Welt leider immer noch schwarz-weiß sehen. Es ist leider auch verständlich, wenn man sich mit der Geschichte Sansibars, dem ehemals größten Sklavenumschlagsplatz der Welt, auseinandersetzt. Aber es macht die Sache nur noch trauriger, wenn man merkt, dass auch 100 Jahre später noch ein Unterschied zwischen Schwarzen und Weißen zu herrschen scheint. Auch wenn es eben manchmal die Schwarzen sind, die das deutlich machen. Zum Glück gab es aber auch andere Begegnungen. Zum Beispiel mit einem Kellner, der mich zum Abschied kurzerhand in den Arm nahm und drückte und sagte “Solche Gäste wie euch, die haben wie leider nicht so oft!” Vielleicht lag es daran, dass ich ihm ein paar von meinen Klamotten für die Leute im Dorf da ließ. Vielleicht sah er aber auch unsere leuchtenden Augen und war stolz wie intensiv wir seine Heimat genossen. Und dann war da die Begegnung mit unserem Guide der Gewürztour. Wir brachten uns gegenseitig ständig zum Lachen und ihn mit unseren Fragen schließlich dazu dass er sagte “Solche Gäste wie euch, die habe ich gerne. Ihr fragt und wollt alles wissen. Da merke ich, dass es euch wirklich interessiert.” Und wir merkten, dass Hautfarbe eben wirklich keinen Unterschied macht. Jetzt freuen wir uns auf die nächsten 3,5 Wochen in unseren zweiten afrikanischen Land: Südafrika.
Jambiani:
Im Mbyuyuni Village kann man recht preiswert übernachten, muss sich das Zimmer aber unter Umständen mit Ameisen teilen. Dafür gibt es einen Pool und eine unflexible Küche (mittags zwar offen, aber ohne Essen. Egal, wie groß der Hunger ist).
Die Red Monkey Lodge am anderen Ende des Strandes ist etwas teurer, dafür aber spektakulär. Riesige Betten, die schönste Bar und den besten Blick vom Frühstückstisch. Hier gibt es keine Steine im Wasser. Und: einen roten Affen haben wir wirklich gesehen!
Nebenan liegt das hübsche Coral Rock. Hier gibt es leckeres Essen und einen sensationellen “Überlauf”-Pool. Die Zimmer sahen von außen betrachtet auch schön aus. Könnte aber etwas teurer sein. Jedenfalls gibt es hier eine riesige Hängematte mit dem weltbesten Ausblick.
Paje:
Das Ndame ist eine größere Anlage direkt am Meer. Die einzelnen Bungalows sind aber weiter voneinander entfernt. Hier gab es das beste Essen der ganzen Insel! Eine hübsche Strandbar, sehr freundliches Personal und unzählige Liegen und Hängematten.
Stone Town:
Wundervoll nächtigen lässt es sich im stilvollen Hiliki House. Netter Besitzer, sehr schönes Wohnzimmer in dem man ein köstliches Frühstück genießen kann.
Authentisches und supergünstiges Essen gibt es bei Lokmaan in der Nähe des “Former Slave Markets”.
Eine Gewürztour lohnt sich mit dem netten Inhaber von Avocado Tours.
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