Erfahrung der Woche: Das erste Mal wirklich Alleine-Reisen geht los. Von nun an muss/ kann ich meine Entscheidungen alleine treffen. Ein etwas beklemmendes Gefühl so viel Zeit vor sich zu haben, von der man nicht weiß was passiert, wen man trifft, was man macht, wohin man kommt. Der Pessimist käme mit solch einer Situation sicher nicht klar, denn “was DA alles passieren kann!” Der Optimist sagt: “Was da alles PASSIEREN kann!”. Ein feiner Unterschied. Aber ich freue mich drauf, auch wenn das Gefühl manchmal doch mulmig ist. Der nächste Teil meiner Reise beginnt morgen und ich bin sicher er wird mich wieder einiges Neues lehren und mir Aufregendes bescheren. Die Zeit mit Chris war super, der Abschied feucht fröhlich, die erste Entscheidung: Ich fahre nach Uruguay und nicht direkt in den Norden von Argentinien. Dieses Land will ich mir doch nicht entgehen lassen. Mit der ersten Fähre geht’s nach Colonia del Sacramento! Der Name verheißt einiges, ich finde er klingt fast wie ein Ausruf der Freude. Aber vielleicht geht jetzt auch der Optimismus mit mir durch.
Ort der Woche: Buenos Aires, Argentinien. Nachdem ich so viel Gutes über diese Stadt gehört hatte, hatte ich hier vorsorglich den Durchschnitt unserer 3 Tage pro Ort auf eine Woche heraufgesetzt. So eine Stadt braucht Zeit um erkundet zu werden und ich habe jetzt immerhin das Gefühl, dass ich jeden schönen Winkel dieser tatsächlich wahnsinnig tollen Stadt gesehen habe. Ich habe zum Beispiel die Kunstmärkte in San Telmo und Palermo besucht. Dort habe ich bei einem uralten argentinischen Opi eine Tango CD gekauft. Weil er keinen CD Player hatte, hat er mir die Lieder auf der CD kurzerhand vorgesungen. Ich durfte sogar ein Video von ihm machen, denn „das können diese modernen Kameras ja heutzutage auch“, wie er sagte. Er hat mir mit seinem Vorsingen meine schönste Reisegeschichte beschert. Lange nachdem ich die CD bereits gekauft hatte, verabschiedete er mich mit einem Küsschen und nahm mir das Versprechen ab, dass ich eines Tages zurückkommen würde, zu ihm und Buenos Aires. Solche Geschichten machen das Reisen schön und mich glücklich. Weitere Erlebnisse waren, zu improvisierter argentinischer Livemusik zu tanzen, das zarteste Steak meines Lebens zu schlürfen (denn anders kann man die Konsistenz dieses Fleischbatzens nicht beschreiben), im schönsten Viertel BA`s zu wohnen, Palermo. Außerdem war ich in La Boca, wo Messi groß und berühmt wurde und habe mir die bunten Häuser und Tangotänzer angeguckt, dann war ich auf dem Friedhof Evita begraben ist, im ältesten Cafe Argentiniens, habe über die Kultur und Geschichte der Stadt und des Landes gelernt und argentinischen Wein getrunken (und davon mehr als genug) und von einem Brunnen, dessen Wasser mir eine Rückkehr in diese fantastische Stadt garantiert. Das Wasser hätte ich dafür gar nicht gebraucht, aber sicher ist sicher. Und man kann ja auch nicht jeden Tag nur Rotwein trinken. Aber problemlos jeden Zweiten.
Beobachtung der Woche: Argentinische Brüste und Politik haben etwas gemeinsam. Um das rauszufinden, brauchte ich aber fast die ganze Woche: Der Tag an dem ich nach Buenos Aires kam, war der Tag nachdem Nestor Kirchner an einer Herzattacke gestorben war. Er war der ehemalige Präsident und gleichzeitig der Ehemann der jetzigen Präsidentin. In Puerto Iguazu hatten wir schon im TV davon gehört, aber als wir in Buenos Aires ankamen, war diese über und über mit Plakaten und Graffitis übersät, die Beileid ausdrückten und “Fuerza Christina”, also Stärke, wünschten. Um meine Wiedereinreise in Deutschland nicht zu gefährden, will ich hier nur kurz andeuten dass ich glaube, dass so etwas bei unserer Angie kaum passieren würde. Das bestätigten mir auch die Ammis, Australier und Engländer mit denen ich darüber sprach. Nicht aber der Argentinier, der uns auf eine historische Tour durch BA nahm, den ich ebenfalls darauf ansprach. Da kamen nämlich die wirklichen Fakten mal ans Licht: Die Regierung ist eigentlich bis heute korrupt (ob da auch die allzu intimen Beziehung der beiden letzten Präsidenten eine Rolle spielt weiß man nicht). Noch vor 30 Jahren durften Männern in Buenos Aires keine langen Haare haben, Frauen nicht wählen und Gruppen von mehr als 3 Personen auf der Straße wurden als Demo oder Streik beurteilt und bestraft. Vor 30 Jahren wäre man also besser nicht hierher gekommen. Die weiteren, zwar sehr spannenden, aber für den begeisterten Leser von Havaiana-Abenteuer-Geschichten und Reiseberichten vielleicht zu ermüdenden historischen Details spare ich mir hier mal, sondern gebe lieber einen Tipp für alle die heutzutage einen Aufenthalt in Argentinien in Betracht ziehen sollten: Besonders lohnenswert scheint ein Besuch, laut eines weiteren interessanten Fakts unseres Guides, für besonders makelbehaftete Personen zu sein. Wer einen zu dicken Po, zu kleine Brüste, zu viele Falten, zu große Nase oder abstehende Ohren hat, ist mit Argentiniens Gesundheitssystem bestens beraten, denn hier zahlt einem die Versicherung alle 2 Jahre eine Schönheits-Op. Hier gibt es mehr Frauen mit unnatürlich großen Brüsten als ohne. Das ist wiederum auch ein Grund für Männer hierher zu kommen. Man sollte nur eben wissen, dass der schöne Schein offensichtlich oft trügt. Und genau das haben die Brüste mit der Politik gemein.
Viech der Woche: Der Kater. Ein argentinischer Rotweinkater. In einer 13 Millionenstadt lässt sich nämlich nicht so leicht ein anderes Tier finden. Also gewinnt diese Woche dieses aufdringliche und penetrante Viech. In Buenos Aires grüßte nämlich täglich nicht das Murmeltier, sondern dieser Kater im regelmäßigen Takt von zwei Tagen. Man kann aber auch einfach so herrlich ausgehen in dieser Stadt! Und es gibt einfach jeden Tag etwas zu feiern. Wenn es kein Abschied von irgendeiner Reisebegleitung ist, dann ist es eben die Freiheit. Und sogar an den Kater gewöhnt man sich. Ich sollte ihm mal einen Namen geben, vielleicht gehorcht er dann besser.
Investition der Woche: Ein McFlurry mit Dulce de leche (Argentinische Spezialität, die eigentlich Karamell ist, aber natürlich viel besser als normales Karamell) und Catburry Alemond Schokolade. Erster Grund für die Dramatisierung: Ich gehe auf Reisen NIE zu McDonalds, weil das ist offensichtlich das dümmste was man machen kann, da es so viele landestypische Spezialitäten zu probieren gibt. Zweiter Grund: Ich reise. Und dabei muss man sparsam sein. Deshalb verzichte ich gewöhnlich auf “teurere” Luxusgüter wie hier Kaffee am Nachmittag, Schokolade oder sonstigen Schnick Schnack den man eigentlich gar nicht unbedingt braucht. Von dem Geld mache ich lieber einen Tauchschein oder fahre mit einem Speedboot in einen Wasserfall. Da habe ich mehr von. Meistens. Auf dieses sehr verlockende Eis hatte ich so extrem Lust, dass ich es mir eben mal gegönnt habe. Und ich kann gar nicht beschreiben wie glücklich mich das gemacht hat. Ob es jetzt daran lag, dass ich sonst eben verzichte oder daran, dass es himmlisch war, weiß ich nicht. Egal, es war jeden Peso wert.
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