Reiselektüre

DSCF2970„Die Kunst anders zu leben“ von Chris Guillebeau.

Reiseziel: Die ganze Welt

Kurzreise durchs Buch: Dieses Buch ist eine Anleitung zu einem Leben (und einer Arbeit) entgegen aller Konformitäten. Chris möchte seinen Lesern beibringen genau das Leben zu führen, das man sich wünscht. Und zwar ohne Kompromisse. Seite für Seite gibt er Tipps, stellt allgemeine Regeln in Frage und gibt allerlei Hinweise den Weg zum persönlichen „Lebensglück“ zu finden. Er fordert auf, den eigenen Status Quo zu hinterfragen und zu verbessern. Er zeigt, wie man ein produktives Leben führt. Und er beweist mit seiner eigenen Geschichte, wie jeder Mensch seine Zeit nutzen kann, um der Welt etwas Gutes zu hinterlassen. Alle die nach der Lektüre von „Reis’ aus“ reisesüchtig sind, finden in diesem Buch eine Gebrauchsanweisung zu einem Leben, in dem man viel Zeit zum Reisen hat.

Zitat Chris: „Das Wichtigste bei einer unkonventionellen Lebensplanung ist, sich darüber im Klaren zu sein, was man eigentlich will. Oder wie die Grinsekatze in Alice im Wunderland es ausdrückte: „Wenn du nicht weißt, wo Du hinmöchtest, ist es egal, welchen Weg du wählst.“ Auf ein selbstbestimmtes Leben bezogen, bedeutet das: Wenn du nicht weißt, was du dir wirklich wünschst, woher willst du dann wissen, wie du es bekommen kannst? Es gibt aber auch noch einen zweiten Grund, aus dem es wichtig ist, seine Richtung klar zu definieren, egal, wie viel Geld man hat: Oft entdecken wir, dass das Leben, das wir uns wünschen, in viel greifbarerer Nähe liegt, als wir ursprünglich gedacht hatten.

 

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„Demian” von Hermann Hesse 

Reiseziel: Du selbst

Kurzreise durchs Buch: Diese Geschichte einer Jugend erzählt von den Hindernissen und Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens. Schon mit der ersten Seite gerät hinein, in das große Philosophieren über das Leben. Gibt es Schicksal? Oder gar Zufälle? Welchen Weg soll man einschlagen? Und was ist eigentlich das Ziel? Hesse beantwortet die Fragen des jungen Protagonisten Sinclairs mit Freundschaften die ihm (und uns) Wegweiser sind. Was nach schwerer Kost klingt, ist in Wirklichkeit spannender Augenschmaus. Eine Geschichte die sowohl unterhaltsam, als auch lehrreich ist. Schlauer Inhalt, wortgewandt verpackt, Hermann Hesse eben. Die perfekte Lektüre für eine Reise allein – und zu sich selbst.

Zitat Max Demian: „Es ist so gut, das zu wissen: dass in uns drinnen einer ist, der alles weiß, alles will, alles besser macht als wir selber.“

Zitat Sinclair: „Ich wollte ja nichts als das zu leben versuchen, was selber aus mir heraus wollte. Warum war das so schwer?“

 

IMG_3691 (1) “The Twenty-One Balloons“ von William Pène du Bois

Reiseziel: Anders Reisen

Kurzreise durchs Buch: Dieses fantasievolle Buch eignet sich perfekt für einen Kurztrip. Denn die kurze Geschichte von Professor Shermans nimmt uns in seinem Heißluftballon mit auf eine Reise in ein Abenteuer. Genauer: Auf eine Vulkaninsel irgendwo vor Sumatra. Was würdest Du mitnehmen, wenn Du auf eine einsame Insel gehen würdest? Diese beliebte Frage wird von den kreativen Einwohnern der Insel Krakatoa exzellent beantwortet. Denn sie haben sich hier ein eigenes Paradies, mit einem sehr eigenen Wertesystem erschaffen. Doch bevor Professor Sherman sich heimisch fühlen kann, fliegt das Inselparadies samt Vulkan in die Luft. Dennoch ist der Individualreisende von seinem Traum, die Welt in einem Heißluftballon zu umrunden, nicht abzubringen…

Dieses Buch ist scheinbar nur auf Englisch erschienen, liest sich aber auch als Fremdsprachler ziemlich leicht. Ein gemütlicher Ausflug in eine kreative Welt voller fantasievoller Ideen.

Zitat: There are two kinds of travel. The usual way is to take the fastest imaginable conveyance along the shortest road. The other way is not to care particularly where you are going or how long it will take you, or whether you will get there or not. These two methods of travel are perhaps easiest to be seen by watching hunting hounds. One hound will follow his nose directly to his prey. Another will follow his nose in a roundabout way to molehills, empty rabbit holes, garbage cans, and trees; and perhaps not pay attention to his prey even when he happens upon it. This second way of getting around has always been pointed out as the nicest for, as you can see in the case of the slower hunting hound, you are able to see more of what is going on in the world and also how nature is getting along.“

 

IMG_3397„In die Wildnis “ von Jon Krakauer.

Reiseziel: Alaska

Kurzreise durchs Buch: Vielleicht hast Du den Film „Into the Wild“ gesehen? Diese brillante Verfilmung von Sean Penn, mit atemberaubenden Landschaftsbildern und dem perfekten Roadtrip-Soundtrack von Eddie Vedder? Ich habe ihn jedenfalls gesehen, bevor ich im Book Swap eines Hostels in Panama das Buch dazu fand. Der Film ist herzzerreißend, reisesüchtig machend, unbedingt sehenswert. Im Buch erforscht der Autor die Hintergründe der wahren Geschichte von Alexander Supertramp (wie er sich selbst zuletzt nannte). Und so in etwa ist es passiert: Der junge Alex beschließt nach seinem sehr erfolgreichen Abschluss an der Uni seiner wohlhabenden Familie zu entfliehen, all seinen Besitz der Wohlfahrt zu spenden und nach Alaska zu reisen, um der Natur nahe zu sein und in der Wildnis sein Leben neu zu erfinden. Ohne Kommerz und Konsum – und ohne Geld. Unterwegs lernt er Menschen kennen, die ihn ins Herz schließen, aber Alex zieht die Einsamkeit vor. Über dieses Verhalten hatte ich einen Disput mit einer meiner besten Reisepartner. Ist es egoistisch? Verletzend? Sind es nicht gerade die Menschen die einem (auf einer Reise) begegnen die einen reich machen? Alex jedenfalls zieht sein Ding in aller Konsequenz durch. Erlebt absolute Freiheit, lebt allein in der Wildnis Alaskas. Und stirbt schließlich in der Tundra, weil ihm ein reißender Bach den Rückweg in die verhasste Zivilisation versperrt und er schließlich ausgehungert, unwissend giftige Beeren verspeist. Das Buch bereitet seine Geschichte teils recht faktisch auf, es gibt Tagebucheinträge des jungen Abenteurers, Zitate von Schriftstellern die er während seiner Reise gelesen hat und man kann so seine Haltung besser verstehen und hinterfragen als im Film. Die Emotionen der Reise des Alexander Supertramps kommen dort allerdings besser rüber. Ich würde vorschlagen: Unbedingt beides ansehen. Ob Buch oder Film zuerst? Ausnahmsweise eine schwierige Frage. Hat bei dieser Geschichte in beide Richtungen Vorteile.

Zitat Alexander Supertramp: “Happiness is only real when shared.”

 

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„Gebete für die Vermissten“ von Jennifer Clement

Reiseziel: México

Kurzreise durchs Buch: Eine Reise in eine mexikanische Welt, in die man als Ausländer niemals gelangen würde. Ein Buch, dass einen das Land mit anderen Augen sehen lässt, vor allem, wenn man selbst gerade im paradiesischen Yucatán oder Quintana Roo unterwegs ist. „Gebete für die Vermissten“ ist eines der Bücher für die ich das Lesen liebe. Weil man in ein anderes Leben eintauchen kann, ohne sich den Gefahren aussetzten zu müssen, mit denen die junge Ladydi auf ihrem Berg nahe Guerrero täglich konfrontiert wird. Mit diesem Buch wächst man als junges Mädchen im mexikanischen Dschungel auf. Das Leben als Frau ist nicht einfach, vor allem wenn man schön ist. Deshalb verstecken die alleingelassenen Mütter von Ladydi und ihren Freundinnen ihre Töchter in Erdlöchern wenn die Drogenbosse auf ihrem Beutezug vorbeikommen. Doch eines Tages wird Paula entführt. Aber das ist nur der Anfang eines Teufelskreises. Einer echten Welt, die in Mexico heute Realität ist. Erzählt mit einer solch poetischen Kraft, dass man vollkommen in diese Geschichte eintaucht. Sie riecht, schmeckt und mitfühlt.

Zitat Ladydi: „Julio hatte einmal gesagt, das Leben sei ein verrückter, verdrehter Ort, an dem Salz sich mit Zucker vermischt und Ertrunkene auf dem Trockenen gehen. Jetzt wusste ich, dass er recht hatte.“

 

DSCF2967„Shanteram“ von David Roberts.

Reiseziel: Indien

Kurzreise durchs Buch: Der Australier Lindsay ist aus einem neuseeländischen Knast nach Indien geflohen. Aber in Bombay geht die Flucht weiter – vor allem die vor sich selbst. Er findet den treuen, indischen Freund Prabaker, den man ebenso zu lieben beginnt wie das störrische Land. Er findet einen Weg, um in der Unterwelt Geld zu verdienen und schließlich unverhofft einen Job als Arzt im Slum. Die Reise geht ins tiefe Innere einer indischen Welt, die ein normaler Tourist wohl nie entdecken wird – und zeigt die Abgründe der menschlichen Natur. Der Weg führt weiter in die Welt der Reichsten des Landes, wo Lin mit einigen Möchtegern-Weisen in Kontakt gerät, die ihm wieder andere Sphären des menschlichen Daseins aufzeigen. Seite für Seite treiben ihn (und uns) die Fragen über Liebe, Hass, Freund- und Feindschaft weiter. Dieses Buch ist voller Facetten über Indien, den Menschen und das Leben. Spannend und philosophisch, grausam und liebevoll zugleich. Und wahr ist die Geschichte (in ihren Gründzügen) außerdem.

Zitat Lin: „Personality and personal identity are in some ways like co-ordinates on the street map drawn by our intersecting relationships. We know who we are and we define what we are by references to the people we love and our reasons for loving them.“

 

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„Fliegen ohne Flügel“ von Tiziano Terzani.

Reiseziel: Asien

Kurzreise durchs Buch: Der ehemalige Spiegel Korrespondent findet einen ursprünglichen Reisestil wieder – das Reisen ohne Flugzeug – weil ihm ein chinesischer Wahrsager einen Flugzeugabsturz voraussagt. Er folgt seinem Rat und reist ein Jahr lang mit Boot, Zug, Auto und zu Fuß durch Asien. Dabei beobachtet er, wie der Materialismus unsere Welt zerstört. Wie die Globalisierung alle Menschen immer gleicher werden lässt und sie ihrer Vielfalt beraubt. Der bewanderte Asienkenner macht es sich unterwegs zur Aufgabe, das Gegenteil dieser immer schneller werdenden Welt zu erforschen: den Glauben an das Übernatürliche, den Geist der Menschheit. Gibt es das Schicksal? Ist der Lauf des Lebens vorherbestimmt? Neben historischen Kenntnissen über den asiatischen Kontinent, gewinnt man eine neue Sicht auf das Reisen und wird zu neuen Gedanken und Beobachtungsweisen inspiriert. Die ideale Reiselektüre also.

Zitat Terzani: „Jeder Ort ist eine Fundgrube. Man muss sich nur treiben lassen. Sich Zeit nehmen, im Teehaus sitzend die Leute beobachten, sich in einen Winkel des Marktes stellen, zum Friseur gehen und dann dem Faden eines Knäuels folgen, der mit einem Wort, einer Begegnung anfangen kann, mit dem Freund eines Freundes von jemandem, den man soeben kennengelernt hat – und schon wird der fadeste, unscheinbarste Ort der Erde zu einem Spiegel der Welt, zu einem Fenster, das sich auf das Leben öffnet, zur Bühne der Menschheit, vor der man endgültig verweilen möchte. Diese Fundgrube befindet sich immer genau da, wo man gerade ist: Man muss nur graben.“

 

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„Geflüster auf Seide gemalt“ von Cees Noteboom.

Reiseziel: Asien (und andere Länder)

Kurzreise durchs Buch: Noteboom ist genau der richtige Autor für alle, denen beim Reisen eine geistige Herausforderung willkommen ist. In recht poetischer und anspruchsvoller Sprache taucht man beim Lesen seiner Reiseliteratur tief in die Seele der Orte ein die er besucht. Besonders spannend, wenn man selbst die Länder bereist, über die er schreibt, denn dann lassen sich seine detaillierten Beobachtungen mit den eigenen vergleichen oder anreichern. Wer sich an langen, verschachtelten Sätzen nicht stört und die Sprache in seiner schönsten Vermittlungsform genießt, der wird in Notebooms Reisebüchern (über aller Herren Länder) wunderschöne Gedanken und schlaue Erkenntnisse finden. Dieses lyrische Buch über Asien (u.a über Japan, Borneo, Birma, Malaysia) hat meine Zuneigung zu diesem wundervollen Autor wieder einmal bestätigt.

Zitat Noteboom: „Bei weiten Reisen gibt es unweigerlich stets eine zweite Ankunft: die, wenn man wirklich angekommen ist. Die erste, eigentliche Ankunft zählt dann bereits nicht mehr – sie gehört noch zu demjenigen, der man jetzt nicht mehr sein will, den man in jenem anderen Erdteil zurücklassen wollte, der im Flugzeug, im Taxi zum Hotel jedoch an einem hängenblieb, der lästigerweise nicht von einem weichen sollte, während man unterwegs zu jenem erträumten Augenblick war, da der Reisende eins wird mit dem Bild seiner Sehnsucht, dessentwegen er sich auf die Reise begeben hat. Welches dies sein wird, lässt sich im voraus nie genau sagen, doch wenn es soweit ist, erkennt man zweifelsfrei: Dies ist es.“