La Paz // Pampa // Amazonas // Rurrenabaque

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Erfahrung der Woche: Geteilte Freude ist doppelte Freude. Endlich ist meine Freundin Hanna da. Nach ein paar Findungsschwierigkeiten, die ausschließlich Ort und Zeit, nicht aber persönliches betrafen, konnten unsere gemeinsamen 3,5 Woche in Bolivien und Perú beginnen. Zu guter Anfang buchten wir erst einmal einen Trip zum Amazonas. Dieser Trip war der Beste meiner gesamten Reise und ich habe das Gefühl, dass es zum Teil auch daran lag, dass ich nun all meine Beobachtungen, Erfahrungen und auch Viecher (dazu später mehr) mit jemandem teilen konnte, der mir etwas bedeutet. Am zweiten gemeinsamen Abend saßen wir also schon irgendwo mitten in der Pampa und tranken unsere erstes Bier zusammen, das passender Weise “Tropical Extra” hieß und genossen einen Sonnenuntergang der durchaus den gleichen Namen verdiente. Irgendwie musste ich mir ständig vorstellen ich würde all das mit einer Horde fremder Reisender teilen. Es geht nicht, beziehungsweise ist einfach etwas völlig anderes. Also, wer will mich noch besuchen kommen in den nächsten Monaten? Mein Rückflug geht am 26.Mai, nur falls das jemand für seine Planung wissen will. Geteilt wurde unter anderem der steigende Missmut auf die 4 Israelis in unsere Gruppe, die wegen ihres strengen Glaubens nicht nur koscher, sondern auch andersartig gestörtes Essverhalten an den Tag legten. Morgens musste die gesamte Gruppe warten, bis die Herrschaften ihre Reiskörner einzeln nach dunklen, gottesverräterischen Sündigern aussortiert hatten. Und auch ihr Mehl musste feinstens gesiebt werden, damit ja kein Mehlwürmchen seinen Weg in ihre heiligen Mägen fand. Geteiltes Leid ist tatsächlich halbes Leid, wird sogar fast zur Freude wenn man es richtig anstellt. Teilen konnte ich auf dieser Tour übrigens noch etwas: meinen Bekannten Mateo, meinen ersten Couchsurfer aus Montevideo. Denn zufällig befand sich sein Halbbruder Diego ebenfalls in meiner Gruppe. Er und seine beiden Freunde machten die anstrengenden Israelis wieder wett indem sie mit Gesang und Geschichten über die südamerikanische Gesellschaft und Politik immer gute Stimmung machten. Egal, wie nett die neuen Leute sind die man kennenlernt, es ist schön dauerhaft jemanden an seiner Seite zu haben. Es nimmt einem den Druck ständige neue Leute kennenlernen zu müssen und alle nett finden zu müssen. Geteilt hätte ich all meine Eindrücke jedenfalls gerne mit jedem den ich mag, Aber ich habe es in Gedanken geteilt und Fotos gemacht. Ich werde mein bestes geben, es irgendwie zu teilen, mit Erzählungen und Bildern. Wenn ich diese Freude noch mehr teile, vervielfältigt sie sich so sehr, dass es dann vielleicht auf der Welt bald gar keine traurigen Menschen mehr gibt. Ein bisschen davon werde ich per Post auch in das Waisenhaus schicken, zu den Kindern, die schon beim Foto eines Piranhas vor Freude beinahe verrückt geworden wären. Euch sei mit diesem Blog schon mal ein kleiner Vorgeschmack der Freude gegeben.

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Ort der Woche: Irgendwo mitten in der Pampa. 3 Tage und 2 Nächte lang verbrachten Hanna und ich an dem Ort, den die Leute in Deutschland als stilistisch hübscheren Ausdruck für “am Arsch der Heide” verwenden. Oder “da wo der Pfeffer wächst”. Pfeffer wuchs in der Pampa nicht, Heide auch nicht, dafür aber jede Menge tropisches Grün, durch das der reinste Zoo schwamm, floss, krabbelte, kletterte und flog. Wenn ich einen konkreteren Ort betiteln müsste, würde ich den Rio “Bení” prämieren da wir dort, in einem kleinen Kanu, die meiste Zeit unseres Trips in den Amazonas verbrachten. Völlig ungeschützt vor Sonne und dem zum Glück nur 15 Sekunden dauernden alles durchnässenden Regens, trieben wir also durch die piranha- und krokodilverseuchte, rotbraune Brühe. Das für teure 35 Bolivianos (4,30€) erstandenen, angeblich einzig wirksame Anti-Moskito-Spray “Replex” schütze eher placebomäßig gegen die unzähligen Blutsauger. Die Stiche an Hannas Körper konnten wir gerade noch so zählen, denn nach 118 wäre uns das Ganze fast zu bunt, beziehungsweise rot geworden. Nachdem ich in Australien mal aussah als sei ich genoppt, sah Hanna aus als hätte sie Windpocken. Und obwohl wir in unserem Holzhütten-Schlafsaal vor dem Schlafen noch eine riesige Spinne sahen, die einer Vogelspinne gefährlich ähnlich sah und in Größe nur wenig nachstand, war die Pampa eindeutig der Ort der Woche. Sie hat sogar der Laguna Colorada in der Atacama Desert den Rang als Ort der Reise abgelaufen, ja sogar allen anderen Orten an denen ich bis jetzt war. Sie ist quasi der Ort aller Reisen. Wer in Zukunft den Ausdruck der “Pampa” gebraucht, möge also bitte von dem negativen Beiklang absehen und ausschließlich Orte damit beschreiben, die vor atemberaubender Natur und Getier nur so wimmeln. Die Pampa ist nicht der Arsch der Welt, sondern ihr wunderschönstes Gesicht.

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Viech der Woche: Ein Faultier auf einem Baum, ein Äffchen auf dem Kopf, ein Mini-Krokodil in der Hand, eine Anakonda an der Hand, einen Piranha an der Angel und auf dem Teller, eine Spinne im Schlafzimmer, eine Schlange vor dem Klo, und ein paar rosa Delfine, Schildkröten, Riesenkrokodile, Affen, einen Tukan und Papagei in Sicht. Hier darf sich jetzt jeder sein spezielles Lieblingstier raussuchen und es zum Viech der Woche küren. Ich kann mich nicht entscheiden. Müsste ich es dennoch, wäre es wohl der Piranha. Vielleicht weil ich die Einzige in der ganzen Gruppe war, die den legendären Amazonas-Killerfisch aus dem Wasser angelte. Ja, er kann tatsächlich Menschen töten, er jagt in Gruppen, wird von Blut angelockt, alles wahr was man so munkelt. Ich habe ihn am Abend mit Hanna verspeist (natürlich wurde geteilt) und die Zähne als Trophäe behalten. Auch hier wurde geteilt, da Hanna ihre Zähne vom Piranha (ein Geschenk des Tourguides) verlor oder gar von Neidern entwendet bekam. Jetzt hat jeder eine Hälfte meines Piranha Gebisses. Keiner sonst wüsste den Wert des kleinen spitzen Souvenirs besser zu schätzen als sie. Denn so einen Piranha zu fangen braucht Zeit, Geduld und jemanden der nachher, ebenso besessen wie man selbst, dasitzt, und das Fischfleisch von dem Andenken schrubbt. Piranhas sind übrigens wahnsinnig schöne Fische, mit bunt glitzernden Schuppen und verschiedenen Farben. Lecker sind sie auch, nur etwas klein. In tieferem Gewässer sind sie wohl größer, aber so ein Viech, will ich dann lieber doch nicht aus der Amazonas Suppe ziehen. Diese können die Mistviecher einem nämlich ganz schön versalzen, in dem sie einem zum Beispiel ein Stück der Fingerkuppe abbeißen, wie sie es mal bei unserem Tourguide geschafft haben. Trotz des Wissens dieser Geschichte, machte ich, oder dieses Mal besser gesagt machten wir die…

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… Beobachtung der Woche: Man verliert irgendwie den Respekt vor den ganzen krassen, wilden Tieren die man in der Pamapa so sieht. Und das, obwohl man die oben erwähnten Piranha Geschichten kennt und ja auch schon die ein oder andere Doku über die wenigen Schwächen und vielen Stärken dieser Wesen gesehen hat. Aber wie soll man es sonst erklären, dass wir vor dem armgroßen Krokodil anfangs noch einen Riesenrespekt hatten, am nächsten Tag dann schon in aller Seelenruhe Fotos von einem 2 Meter Exemplar schossen, das 3 Meter von uns, mit einem nicht gerade freundlichen Blick an Land auf Beute wartete. Wir beobachteten Tourguides wie sie diesen gefräßigen Reptilien auf der Nase rumfummelten und Touristen, die es ihnen gleich taten. Schließlich fassten dann auch wir die Anakonda an, die einer in dem Gras gefunden hatte, durch das wir Minuten vorher noch suchend gestapft waren. Ich habe noch nie eine Schlange angefasst, noch nie ein Minikrokodil. Es fühlte sich unbeschreiblich an und war wahrscheinlich genauso unbeschreiblich dumm. Es sind wilde Tiere, aber wenn man 3 Tage mit ihnen zusammen ist, gewöhnt man sich an ihre Anwesenheit. Fasziniert ist man von ihnen aber bis zum Schluss. Und sobald man ohne Tourguide der im Dschungel aufwuchs ist, kommt sicher auch der Respekt ganz schnell wieder.

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Investition der Woche: 50€. Um an den Ort der Woche zu gelangen gab es zwei Möglichkeiten: 18 Stunden Busfahrt über unbefestigte Straßen, über Berge und durch Wälder des wilden Boliviens für günstige 60 Bolivianos (ca.7,70 €), oder eben 50 € für einen 40 Minuten Flug nach Rurrenabaque, am Rande des Dschungels. Zum einen befinden wir uns im Januar, sprich inmitten der Regenzeit Boliviens (wovon man zum Glück bisher nicht viel merkt und sieht). Dies kann bedeuten, dass die Straßen durch den Regen unpassierbar werden, die Flüge plötzlich ausgebucht sind und man mit Pech für ein paar Tage inmitten der Pampa stecken bleibt. Zum anderen hat Hanna “nur” 3,5 Wochen Zeit, wodurch wir die 2 Tage Busfahrt lieber in freier Natur Boliviens, oder Perus verbringen wollen. Der Flug war dann auch schon fast die Erfahrung der Woche: Das Flugzeug hatte 9 Reihen mit jeweils einem Sitz, Gänge in denen kein Mensch und schon gar kein Europäer aufrecht stehen konnte und keine Toilette. Dafür konnte man den Piloten direkt auf die Finger schauen, die ihren Job, auf der begrasten und einzigen Landebahn Rurrenabaques zu landen, mit beinahe übermenschlichen Fähigkeiten meisterten. Wir wissen nicht wie schlimm die Busfahrt gewesen wäre, aber allein der Flug war schon schlimm. Luftlöcher in einer Art Papierflieger sind keine Freude. 2 dem Tode nahe Bolivianos die wir auf dem Rückweg aus dem Dschungel ins Krankenhaus nach La Paz mittransportierten noch viel weniger. Hanna und ich röchelten mit dem einen Patienten um die Wette, der den Vorteil hatte, dass er einen Sauerstoffschlau umhängen hatte. Hanna hatte mit der all anfänglichen Magen-Darm Problematik zu kämpfen, wir beide außerdem mit Höhe und einen Kater, der uns treu von Rurre bis nach La Paz folge. Nun ja, wir überlebten sowohl Hinflug, Hitze und Heimisches, als auch Rurrenabaque, Rückflug und Reisekrankheiten. Ich würde sagen, es war wert in diese Art des Transportes zu investieren.

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Rest der Woche: Nach einem ersten gemeinsamen Coca-Tee bei dem wir erstmal alle Neuigkeiten austauschen mussten, kreuzten wir durch die Straßenmärkte und konnten zusammen auch mal durch die kleinen, untouristischen Gassen streunen. Nachdem der erste Trip in den Amazonas von Anfang bis Ende ein voller Erfolg war, verbrachten wir noch einen letzten entspannten Tag in La Paz. Morgen geht es zu einer Ruine die von einer Kultur stammt, die älter ist als die Inkas, die aber kein Mensch kennt. Von dort aus geht es nach Copacabana (dem zweiten meiner Reise, diesmal in Bolivien) das am Titicaca See liegt. Auf zum nächstem Highlight unserer Reise, dem angeblich höchst gelegensten See der Welt. Von unserem Höhentrip kommen wir auch erstmal nicht runter, da es danach endlich zum Machupicchu geht, dem Höhepunkt meiner Reise. Schade, dass uns die Höhe auch ein bisschen zu Schaffen macht. Aber es kann ja nicht immernur leicht sein von Highlight zu Highlight zu reisen.

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