Arequipa

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Erfahrung der Woche: Abschied. Vor allem auf Reisen ist er allgegenwärtig und ich habe schon so einige schwierige hinter mir, nach diesen 3 Monaten des Reisens. Aber der Abschied aus dem Waisenhaus war besonders schlimm. Es mag zum einen daran liegen, dass ich die Kinder ziemlich wahrscheinlich nie wieder sehen werde, da so ein Waisenkind weder Internet, noch einen Facebook Account hat, selbst Briefe wird man wohl kaum erwarten dürfen. Man sagt also nicht auf Wiedersehen, sondern Lebewohl. Ein weiterer Fakt ist, dass man einen Monat lang alles daran gesetzt hat die Kinder glücklich zu machen. Jetzt überlässt man die Kleinen wieder ihrem eigenen Schicksal und kann nur hoffen, dass sich die neuen Volunteers auch so anstrengen. Es ist ja ohnehin die Frage, ob man dieses Volunteering nicht eher für sich selber macht als für die anderen. Und so habe ich mich bei dem Abschied gefragt, ob der eine Monat in dem ich für die Kinder eine Freundin war mehr wert ist als die Tatsache, dass ich sie jetzt wieder sitzen lasse. Natürlich macht man das Volunteering auch für sich, aber das ist ja auch nicht schlimm. Schlimm war der Abschied. Die Zeit die ich mit den Kindern hatte, aber jede Träne wert. Die flossen dann endgültig, als die Kindern eine kleine Abschiedsshow vorführten die sie einstudiert hatten. Es mag an dem Lieblingsmittagessen gelegen haben, mit dem ich mir noch ein letztes Mal den Magen vollgeschlagen hatten, an dem Übermut der Kinder mit dem sie nach ihrem Abschiedsspektakel auf mich zustürmten. Oder daran, dass mein Herz so schwer war. Jedenfalls brach die Holzbank auf der ich saß unter einem lauten Krachen zusammen. Immerhin brachte das alle wieder zum Lachen. So ein Abschied besteht wohl immer aus Lachen und Tränen, denn er ist schließlich nur so schwer, weil man vorher eine so gute Zeit hatte. Es war der schlimmschönste Abschied den ich mir vorstellen konnte. Gut, dass ich jetzt meine Freundin in La Paz willkommen heißen kann, um den Abschied zu vergessen.

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Ort der Woche: Ein fahrbarer Schrotthaufen auf einer südamerikanischen Go-Kart Bahn. Letzte Woche waren wir mit alle Mann Go-Kart fahren. Mit alle Mann, bzw. Volunteer. Ich dachte ich könne das mit dem Driften nur bei Autorennen auf der Playstation, aber ich habe mit meiner deutschen Fahrweise alle anderen (Russen, Australier, Engländer) in den Schatten gestellt. Ein bisschen Spaß muss neben dem Volunteering ja auch sein. Dass mir Autorennen so viel Spaß macht, wusste ich auch noch nicht. Schumi wäre vor Stolz wahrscheinlich rasend geworden, also noch rasender. Jeder peruanische Taxifahrer hätte mich passieren lassen. Und das grenzt unter den hiesigen Taxifahrern an ein Wunder. Was das Bremsen angeht, kennen die nämlich nix. Ich bin mir nicht mal sicher, ob diese kleinen gelben Blechgeschosse überhaupt Bremsen haben. Dass es nicht ähnlich viele Crashs auf den Straßen Perus gibt, wie auf unserem Go-Kart Parcours ist mir unbegreiflich. Dass den Taxifahrern das Rasen so einen Spaß macht, kann ich nach meiner Rennfahrer Erfahrung allerdings sehr wohl verstehen.

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Beobachtung der Woche: Gringo bleibt Gringo. Ich kenne Arequipa wie meine Westentasche und habe mich dabei erwischt, wie ich andere Touristen mit ihren Reiseführern argwöhnisch, ja fast herablassend, beäugt habe. Ich fühlte mich wohl in der “Weißen Stadt”, wusste wo ich was finde, fühlte mich beinahe Einheimisch. Doch das ist ein einem Land wie Perú einfach unmöglich. Auch nachdem ich das siebte Mal durch die belebten Gassen der Markthalle spazierte, auf Spanisch mit den Standbesitzer um Preise feilschte und sogar heimische Speisen probierte wie die besagten Kuhherzen, konnte ich das mal lautere, mal leiser Zischen der Einheimischen nicht überhören, die mich als Gringita bezeichneten. Ich werde immer auffallen in diesen Ländern des südlichen Amerikas, immer ein Exot bleiben. Erst an meinem letzte Tag in Arequipa schaffte ich es, die Stadt wieder mit den Augen eines Touristen zu sehen, ein paar Fotos zu schießen, die Taxis und Busse die ich tagtäglich genommen hatte als die gelben und blauen, charmanten Klapperkisten wahrzunehmen die sie waren. Es tat gut einen Monat eine Auszeit vom Reisen zu nehmen, ein “Zuhause” zu haben und sich wenigstens in der eigenen Welt nicht mehr wie ein Gringo zu fühlen. Jetzt sitze ich im Bus nach La Paz, bin die einzige Person im Bus mit blonden Haaren und die groß genug ist, um von ihrem Sitzplatz aus dem Fenster zu schauen. Hinter diesem Fenster ziehen Felder vorbei, auf denen Menschen in peruanischen Trachten arbeiten, klapprige Esel, wollige Lamas und der Titicacasee. Ich bin wieder auf Reisen. Alles ist exotisch für mich und ich bin exotisch für alle. Es ist wohl ein fairer Deal und wert ein Gringo zu sein.

Viech der Woche: Das Lamm. Hat man schon mal von einer Metamorphose des Drachens zum Lamm gehört? Ich will euch die Geschichte vom Lamm im Drachengeschupp erzählen, denn ich habe sie erlebt. Die Drachen brauchten circa 2 Wochen um sich von knallharten, teilweise sogar respektlosen Heimvorsteherinnen, in lammzahme, freundliche und hilfsbereite Kolleginnen zu verwandeln. Gezähmt wurde ihr Unfreundlichkeit und Kälte durch tatkräftige Hilfe und Eigeninitiative etwas in ihrem Waisenhaus zu bewegen. Nachdem bewiesen war, dass ich nicht nur heiße Luft spie (wie sie), sondern die Dinge in die Hand nehmen und dann auch noch meistern konnte, hatte ich leichtes Spiel mit ihnen und ihre volle Unterstützung bei allem was ich mir so ausdachte. Irgendwie ist es gelungen die beiden Damen zu zähmen und ihnen eine liebevolle Abschiedsrede zu entlocken, mit der keiner von uns gerechnet hätte. Jetzt hab ich aber genug von Drachen und auch Lämmern. Ich will jetzt endlich eine Python oder einen Piranha als Viech der Woche. Deshalb fliege ich nächste Woche zum Amazonas und erlebe dort hoffentlich mein grünes Wunder.

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Investition der Woche: Circa 70 Soles für Abschiedsgeschenke. Die Kinder bekamen Fotos vom Strand und Weihnachten, damit sie diese Zeit nicht vergessen. Und natürlich auch mich nicht. Ich kam mir irgendwie ein bisschen dumm dabei vor, als ich neben ein paar Abschiedsworten auch meine Email Adresse auf die Rückseite der Bilder schrieb. Aber ich will eben nicht nur dass die Kinder träumen, sondern will es auch ein bisschen selber tun. Vielleicht bekomme ich eines Tages eine Email von einem der Kinder. Emails aus Australien, Californien, Neuseeland, Perú und England sind mir jedenfalls sicher, denn auch an meine so liebgewonnenen Volunteerfreunde verteilte ich Fotos vom gemeinsamen Silvester und den anderen diversen Feierlichkeiten. Zum Glück hat jeder von ihnen auch Facebook und es besteht die reelle Chance, dass sie mich mal besuchen kommen. So war es weniger ein Lebewohl, sondern mehr ein Auf-Wiedersehen. Außerdem investierten Alexsi (der Australier mit dem ich im Waisenhaus arbeitete) und ich jeweils 50 Soles in eine äußerst gelungene Abschiedsparty mit mehr Chili con Carne als man in 3 Tagen essen konnte. Ein würdiger Abschied für diese tolle Zeit. Ich habe nicht nur wichtige neue Erfahrungen gesammelt, sondern weitere Freunde in aller Welt.

Rest der Woche: Es war die Woche der letzten Male. Das letztes Mal im bis zum Bersten gefüllten Bus zum Waisenhaus, das letzte Mal Lunch, das letzte Fußballspiel, das letzte vorgelesene Buch, die letzte Party, das letzte Mal ins Zentrum, das letzte Mal Spanischaustausch, das letzte Mal ein Blog in dem es nur um Waisenkinder geht. Ab jetzt steht wieder ein anderer Kindskopf im Mittelpunkt. Bis nächste Woche also!

Categories: Perú

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