Foz do Iguaçu // Rio de Janeiro

P1010435

Erfahrung der Woche: 42 Stunden Bus fahren in 7 Tagen. Verrückterweise gar nicht so schlimm wie es sich anhört. Denn die Busse sind (teilweise) luxuriöser als die erste Klasse im Flieger (in der ich ja immerhin die erste Stunde meiner Reise nach Südamerika zurückgelegt habe). Breite Sitze die man fast senkrecht zurückklappen kann, Fernseher auf denen man Filme schauen kann (teilweise auf Englisch) und dann gestern auf unsere Busfahrt von Puerto Iguazu nach Buenos Aires sogar Essen. Aber keine fiesen, flugzeugartigen Sandwiches, nein, ein Drei-Gänge-Menü in einem Restaurant. Vorsichtshalber hatten wir uns noch vor der Abfahrt schnell noch ein Essen reingepfiffen, doch als der Bus zwei Stunden später den ersten Stopp machte, staunten wir nicht schlecht: der gesamte Bus strömt in ein Restaurant, also wir hinterher. Dort wurden wir direkt zu Tisch gebeten und auch schon mit Empanadas, Fleisch, Reis und Kuchen bedient. Und um das Ganze tatsächlich noch schmackhafter zu machen gab es Wein und Bier soviel man in den 30 Minuten Aufenthalt trinken konnte. SO lässt es sich doch reisen! Eine Busfahrt solcher Art und Dauer kostet übrigens circa 52 €. Da können sich die Airlines mal ein Beispiel dran nehmen, denn ich war mit Sicherheit der einzige Backpacker im ganzen Flieger nach Paris der Erste Klasse geflogen ist. Wenn nicht sogar der einzige Backpacker, der jemals Erste Klasse geflogen ist.

P1010442 P1010415

Ort der Woche: Foz do Iguaçu. Oder Cataratas del Iguazu. Klingt beides schön und benennt beides einen imposanten Wasserfall der direkt auf der Grenze zwischen Brasilien und Argentinien in die Tiefe stürzt. Er ist so schön, dass wir ganze zwei Tage damit verbrachten haben ihn uns aus allen erdenklichen Winkeln und Perspektiven anzusehen. Zuerst die Postkarten-Ansicht von der brasilianischen Seite, dann am nächsten Tag von oben, von allen erdenklichen Seiten und schließlich auch in einem Speedboot von unten drunter (und mitten drin). Eine höllisch gute Sicht hatten wir passender Weise zum Abschluss am “Garganta del Diabolo”, dem Rachen des Teufels. Schon wieder ein Ort der einen selbst so klitzeklein macht, so schwach. Aber keine Sorge, ich trage das mit Fassung. Ich brauche nur abends in eine Bar zu gehen und schon sehe ich, dass ich viel größer bin als alle anderen. Nur nicht so stark vielleicht. Aber so stark wie ich diese Iguaçu Fälle fand, ist sowieso kaum etwas. Ein anderer Ort dieser Woche sowieso nicht. Jetzt will ich nur unbedingt die größten Wasserfälle der Welt auch noch sehen. Die sind aber in Venezuela. Und da würde ich mich allerhöchstens hintrauen, wenn ich so stark wäre wie Iguaçu.

P1010134

Beobachtung der Woche: Die Uhren ticken beim Reisen anders. Zeit ist nicht Geld, sonst würde man sich nicht für 22 Stunden in einen völlig überklimatisierten Bus setzten, wenn man in nur einer Stunde fliegen könnte. Aber obwohl Zeit beim Reisen irgendwie noch wertvoller ist als sonst (man will immer mehr sehen als man kann), hat man diese gewisse Ruhe weg. Reisen bedeutet oft auch warten. Während man dies in Deutschland aber hibbelig zu tun pflegt, ist es hier eher so, dass man auch einfach mal nur so da sitzt und wartet. Ein schönes Gefühl ist das, fast wie Meditation. Man braucht noch nicht einmal dieses “Omm” vor sich hinzusummen und ist trotzdem ganz ruhig. Gestern habe ich 30 Minuten lang ein Gewitter beobachtet, weil der Bus Verspätung hatte. Auch versehentliche Umwege stören einen nicht. Wenn man sich verläuft, etwas schief läuft oder man vom Regen überrascht und durchnässt wird, lacht man darüber und macht es einfach zum Teil des Abenteuers. Ein sehr erstrebenswerter Zustand, aber leider in der realen Welt nicht anwendbar. Vielleicht muss man es da dann mal mit dem “Omm” probieren. Würden das alle machen, hätte dieses ohrenbetäubende Summen bestimmt auch eine Art beruhigende Wirkung.

Viech der Woche: Der Kolibri. Er fliegt hier nicht gerade herum wie Tauben in deutschen, oder italienischen Städten (zahlentechnisch sowieso ein unvergleichlicher Wert), aber eben doch in freier Wild- bzw. Stadtbahn. Also nicht in Straßenbahnen, sondern auf freier Straße. Zumindest hab ich in Santa Teresa einen Kolibri gesehen, als wir Rio unseren zweiten Besuch abstatteten. Den ersten Kolibri meines Lebens hatte ich eigentlich schon auf der Ilha Grande gesehen, aber da es mein Erster war, war ich eben auch nicht sicher, ob der kleine grüne Vogel nicht vielleicht aus einen freudigen Anlass so auffallend schnell mit seinen Flügeln schlug. Nachdem ich aber im Botanischen Garten von Rio den gleichen Flattermann wieder sah und es mir von zweiter, Kolibri erfahrener Seite bestätigen lassen konnte, war klar, wer zum Tier der Woche gekürt wird. Noch am gleichen Tag sah ich dann den dritten in Santa Teresa auf einem Strommast sitzen. Ich fühle mich ein bisschen wie Lena im Wunderland. Kolibris auf Strommasten! Hasen mit Weckern habe ich (zum Glück) noch keine gesehen.

P1000546

Investition der Woche: Nachdem ich 280 Argentinische Pesos (circa 52€) für die nächste 16 stündige Busfahrt (von San Ignacio nach Buenos Aires) ausgegeben habe, wurde mir schlagartig klar, dass diese Rubrik für diese Art des Reisens nur Sinn macht, wenn ich nicht mehr nach dem Wert des Geldes küre, sondern dem des erworbenen Objektes. Sonst kann man die Investition ab jetzt nämlich eher betrachten wie ein GPS-System, das immer anzeigt von wo nach wo ich mit dem Bus gefahren bin. So gesehen war die Investition der Woche also ein 43 Reais (circa 17€) teures Essen. Da sieht man schon, da wurde ordentlich investiert. Aber das Preis-Leistungsverhältnis stimmte (das Verhältnis zu den bisherigen Backpacker-Speisen nicht unbedingt). Das Essen war ein typisch brasilianisches „Churrasco Rodizio“, eine Art Barbeque. Dabei gehen die Kellern mit großen Fleischspießen verschiedenster Art umher und schneiden einem von allem eine ordentliche Scheibe ab. So viel man will, bzw. so lange man kann. Dazu gab es ein aller feinstes Buffet mit „feijoada“ (schwarzen Bohnen mit Wurst – ja, Vegetarier hätten hier ihr fleischfarbenes Wunder erlebt), Salaten, allen erdenklichen Beilagen und, etwas unpassend aber sehr lecker, Sushi. Da man sich vorstellen kann, dass nicht ich sondern meine beiden männlichen Reisebegleitungen besonders heiß auf dieses kulinarische Erlebnis waren, hatte ich beschlossen mich der Gruppe anzuschließen und es eben als typisch brasilianisches Erlebnis zu betrachten. Es war lecker, aber ich muss nach wie vor sagen, ich entdecke neue, landestypische Speisen immer noch lieber auf Märkten, oder an Straßenständen. Dort habe ich nämlich auch „Tapioca“ entdeckt. Einen Kokos-Pfannekuchen der mit allem möglichen, bei mir mit Bananen und Zimt, gefüllt wird. Das hat nur 3 Reais gekostet, also Centbeträge. Und es wird mich in meinen Gaumenträumen noch lange verfolgen. Dumm nur, dass ich es erst am letzten Tag in Brasilien entdeckt habe. Na ja, nach Brasilien komme ich sowieso noch mal zurück da es viel zu groß und zu schön ist, um es nach 15 Tagen schon wieder zu verlassen. Und mal sehen was Argentinien so zu bieten hat. Ich habe so eine Ahnung, dass es auch ein bisschen was mit Fleisch zu tun hat…

P1010181

Übersicht der Woche: Nachdem wir Rio dann diesmal wirklich auf Wiedersehen gesagt hatten, fuhren wir nach Foz do Iguaçu. Genau wie wir geplant hatten, war das Wetter genau für diese 3 Tage blendend und wurde erst am Tag unserer Abreise schlecht. So war der Sonnenuntergang am 3-Länderdreieck von Paraguay, Brasilien und Argentinien perfekt und auch die beiden Tage direkt an den Wasserfällen nicht zu verbessern. Auch den Itaipú Damm besichtigten wir gewissenhaft, ist er doch (wie wahrscheinlich kaum ein Mensch weiß) auch eines der 7 modernen Weltwunder. Er ist zwar “nur” der zweitgrößte Damm der Welt, produziert aber dennoch mehr Energie als der Größere irgendwo in China. Er liefert 20% der Energie für Brasilien und 90% der Energie für Paraguay, die sich dieses monströse Bauwerk gerecht teilen, weil auch dieses, wie scheinbar alles hier, genau auf der Grenze liegt. Aber genug des (unnützen) Wissens, weiter zu den Fakten: Nachdem wir also einen Tag lang, mit einer Neuseeländerin aus unserem Hostel, die brasilianische Seite der Fälle erkundeten, trafen wir wieder einmal zufällig auf 2 alte Bekannte (zwei verschiedene Freunde, also auch zwei verschiedene Zufälle). Am nächsten Tag waren wir also zu Viert, mit dem Kolumbianer der sich unserer wachsenden Gruppe anschloss. Zu Dritt (also ich mit Kanadier und Kolumbianer), verließen wir dann Puerto Iguazu und schauten uns in San Ignacio bei Regen und Gewitter alte Missionars Ruinen an, die zum Weltkulturerbe gehören und daher nicht einfach außer Acht gelassen werden konnten. Heute sind wir außerplanmäßig schon in Buenos Aires angekommen. Mal sehen, ob wir noch einen Abstecher nach Uruguay machen. Ich denke, den Stempel für meinen Reispass werde ich mir wohl nicht entgehen lassen. Und Montevideo sowieso nicht. Nachdem die ersten 2 Wochen irgendwie langsam und doch schnell vergangen sind, ist die letzte nur so dahin gerast. Aber zum Glück, wie ja schon oben bemerkt, ist Zeit hier nicht Geld. Davon hab ich letzte Woche, trotz Peso und Wechselkurs, aber auch so schon mal wieder genug ausgegeben. Damit fahre ich jetzt mal fort und kaufe mir ein Bier. Heute ist Halloween Party und das ist, wie eine Argentinierin mir erklärte, neben Neujahr und Weihnachten das größte Fest hier. Irgendwie gruslig.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert