Tikal // Caye Caulker

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Erfahrung der Woche: Manchmal sind Verbote dazu da, um gebrochen zu werden. Und dann kann es passieren, dass man auch noch dafür belohnt wird. Ich bin nicht etwa kriminell geworden, nur ein wenig egoistischer. Und das ist gut so, denn sonst wäre ich niemals an den Ort dieser Woche gekommen. Zuerst einmal musste ich korrupt werden, aber das fällt in Lateinamerika ja unter “Andere Länder, andere Sitten”, denn damit wir uns den Eintritt für den Tikal leisten konnten, mussten wir erst einmal die Parkwächter bestechen. Der Tikal ist die größte Maya Ruinen Stätte Guatemalas und so antiquarisch da auch alles noch ist, die Preise sind ziemlich modern, beziehungsweise europäisch geworden. Nachdem wir also ein ziemlich preisgünstiges Paket verhandelt hatten, das uns auch noch erlaubte bei und nach Sonnenuntergang in dem Park zu bleiben, kletterten wir also vor und zum Sonnenuntergang auf den höchsten Tempel in der “Mundo Perdido” (die verlorene Welt) obwohl dort deutlich das Schild “Nicht betreten” stand. Die Treppen auf denen es lag, betraten wir ja auch gar nicht, wir kletterten einfach an der anderen Seite hoch. Den ganzen Tag hatten wir in dem Park herrlicher Weise nur 6 weitere Touristen gesehen und so nutzen wir diese Einsamkeit, um ungesehen unser Straftat zu begehen. Oben angekommen wurden wir mit dem schönsten Blick über alle verstreuten Tempel belohnt. Leider kam kurz darauf tatsächlich ein Pärchen dazu, dass uns aber nicht weiter störte. Erst als sich außerdem ein Parkwächter keuchend zu uns gesellte, fragten wir uns wie es nun wohl weiter gehen würde. Ich hatte mir den besten Platz im ganzen Park gesichert, eine Ecke der Plattform, quasi face to face mit der untergehenden Sonne. Der Wächter winkte mich zu sich und sagte mir ich solle lieber von der Ecke wegkommen, da man mich so auch von unten sehen könne und nachher noch mehr Leute verbotener Weise hoch klettern würden. Was für ein nettes Kerlchen, für ihn gab ich meinen Logenplatz doch gerne auf. In dieser seltsamen 6er- Kombination sah ich also den schönsten Sonnenuntergang meines Lebens, am …

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Ort der Woche: … ehemaligen Aussichtspunkt der Mayas, in der ältesten Ruinenansammlung, der Mundo Perdido. Affen, Papageien, Tukane und all die Geräusche und Gerüche taten ihr übriges, um diese letzten strahlenden Augenblicke des Tages so besonders zu machen. Es war zu schön um wahr zu sein, wie die goldenen Sonne die alten Tempelanlagen in ein schimmerndes Licht tauchte. Ich stand da, mir klebte zwar die Haut von der Hitze des Tages, mir wehte zwar das Haar im Wind der Tropen, und dennoch kam ich mir vor, als hätte mich jemand per Photoshop in diese unwirkliche Szenerie gesetzt. Ich versuchte mit aller Kraft diesen Moment zu realisieren, ihn bestmöglich zu genießen und zu erinnern, aber es gelang mir nicht. Erinnern werde ich ihn trotzdem für immer, den Sonnenuntergang meines Lebens. Ich bin also nicht, wie vorher vielleicht befürchtet, zu spät zu dieser Lateinamerika Reise aufgebrochen. Noch war es möglich einen Parkwächter zu bestechen, um an diesem heiligen Ort diese Erfahrung zu machen. Mein Lonely Planet von 2007 sagt, es war einmal möglich auf diese Art der Bezahlung die Nacht auf dem Dach eines Tempels zu verbringen. Diese Zeiten sind leider vorbei, wer weiß wie lange dieser Ort der Woche noch so unschuldig da liegt, nur mit einem kleinen Holzschild versehen. Ich bin froh, dass ich einmal nicht auf meinen Gehorsam gehört habe. In Deutschland hätte ich jetzt wohl eine Klage wegen Hausfriedenbruchs am Hals. Oder eher Tempelfrieden. Dabei habe ich den gar nicht gebrochen, er war mir heil-ig.

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Beobachtung der Woche: Ich bin doch ganz schön deutsch. Nicht, weil ich so sehr Mettwurst vermisse, (wohl aber Sauerkraut, Weizenbier, Schwarzbrot und…ach ich lass das lieber), sondern, weil ich bemerkt habe, dass Deutsch sein gar nicht so schlecht ist. Ich war nie wirklich patriotisch, aber jetzt, wo ich so weit weg war, die Probleme der anderen Länder kennengelernt habe, weiß auch sehr zu schätzen was ich an meiner ordentlichen, pünktlichen, gar nicht so humorlosen Heimat habe. Dort muss ich keine Angst haben, dass der Bus erst nicht kommt, dass der Fahrplan (der sowieso nur verbal existiert) gar nicht stimmt, das Reiseziel gefährlich ist oder ich die Fahrt nicht überlebe. Zu diesen naheliegenden Vorteilen meines Landes kommt hinzu, dass mir aufgefallen ist, dass auch meine längsten Reisebegleitungen stets deutsch waren. Dass Beste was ich in Australien gefunden habe? Meine deutsche Freundin Birte (die aber mittlerweile auch halb Australierin ist). Die längste gemeinsame Zeit mit den gleichen Leuten waren die letzten 6 Wochen mit 2 deutschen Mädels, eine Woche Panamá, mit einem Deutschen, 10 Tage Perú, mit einer Deutschen. Ich schimpfe selber über alle, die sich auf ihren Reisen nur mit ihren Landsleuten umgeben – wieso zum Teufel geht man dann Reisen? Irgendwie traf man die Leute und irgendwie passte man zusammen. Es hat auch den Vorteil, dass es leichter ist Freundschaften aufzubauen, da man nicht erst nach Australien reisen muss, um sich wiederzusehen (was einer ganz besonderen Freundschaft dann aber auch trotzdem nicht im Wege steht). Deutschland ist gar nicht so schlecht. Wir können auf der Straße herumlaufen ohne Angst zu haben (etwas, worauf ich mich am meisten freue), wir brauchen uns auch vor Wirbelstürmen nicht zu fürchten (und doch regen wir uns über das Wetter auf), nicht vor dem Verhungern oder unserem Staatsoberhaupt (und doch regen wir uns über Merkel auf, obwohl sie kein Hitler ist, kein Chavez, kein Ortega). Mit all den Problemen, nein Problemchen, die wir in Deutschland haben, haben wir eine Heimat, welche die höchste Lebensqualität bietet. Ich dachte ja auch über das Auswandern nach, aber jetzt bin ich gar nicht mehr so sicher. Lateinamerika wird es jedenfalls nicht. Ich habe gute Nachrichten, ich komme morgen nach Hause.

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Viech der Woche: Nurseshark (zu Deutsch Ammenhai. Es handelt sich hierbei trotzdem nicht um eines ihrer Märchen) und Stachelrochen. Und ich habe sie nicht nur einfach fasziniert angestarrt und minutenlang beobachtet wie die Affen und außergewöhnlichen Vögel beim Tikal, sondern ich habe sie fasziniert angestarrt, minutenlang beobachtet und angefasst. Die letzte Woche verbrachte ich auf Caye Caulker, einer kleinen Insel in der Karibik von Belize. Wir waren dort von ein paar Leuten auf eine Bootstour eingeladen worden (die uns ohnehin schon sehr glücklich machte). Die Berührung mit diesen außergewöhnlichen Fischen trieben mich allerdings beinahe in den Wahnsinn vor Glück. Ich wäre wohl nicht auf die Idee gekommen einen Hai (Größe Armlänge) anzufassen, hätte es nicht der nette Brasilianer zuerst getan, der es wiederum bei seinem Tauchlehrer abgeguckt hatte. Die Haut des Haies war rau und reliefartig, gar nicht glitschig, wie man sie sich vielleicht vorstellen würde. So fühlte sich dann aber die Haut der Rochen an. Nach kurzer Recherche über Nursesharks fand ich nachher heraus, dass ein solcher Hau in Ambergris Caye tatsächlich mal einen Menschen attackiert hatte. Das ist die Nachbarinsel von Caye Caulker. Zum Glück war ich da schon wieder im Trockenen (meine glücklichen Augen waren es auch wieder), füllten sich aber beinahe mit Tränen (diesmal der Trauer) als ich las, dass die Menschen diese wundervoll raue Haut der Kreaturen teilweise zu Leder verarbeiten. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie Menschen so etwas übers Herz bringen können. Ich weiß nur, dass ich noch nie etwas so Schönes gefühlt habe. HAIdewitzka!

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Investition der Woche: Circa 100 Euro für 6 Nächte und 7 Tage Urlaub in Belize. Meine letzte Woche machte ich statt Reise mal Urlaub. Und obwohl das kleine Land, das kaum einer kennt (ist auch erst seit 84 unabhängig und heißt statt “British Honduras” eben Belize) ziemlich teuer ist, schaffte ich für diese Woche nur circa 100 Euro auszugeben. Wir wohnten direkt am Strand, hatten Palmen und Hängematten im Vorgarten, einen eigene kleinen Schwimmsteg und genug Essen für die ganze Woche aus Guatemala über die Grenze geschmuggelt. Besser als mit 7 Tagen Entspannung, Sonne, Schnorcheln, Meer und mehr, hätte ich meine letzten Tage nicht genießen können. Eine Woche Karibik für 100 Euro werde ich so schnell wahrscheinlich nicht mehr bekommen. Dafür endlich meine Familie und Freunde. Und Sonne gibt es ja in Deutschland angeblich auch gerade.

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Rest der Woche: Den Rest der Woche werde ich mit meiner Familie verbringen, mit möglichst vielen Freunden, mit meinem Zahnarzt, mit Schwarzbrot und Weißbier, damit herauszufinden wie man noch mal einen Handyapparat bedient und wie man pünktlich kommt. Das klingt für mich mindestens so spannend wie all die Abenteuer, die ich sonst in dieser Kategorie immer angekündigt habe. Traurig bin ich nicht, weil ich weiß, dass das Reisen meine Charaktereigenschaft ist. Ich kann es nicht ändern und muss es zum Glück ja auch nicht.

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2 replies »

    • Ich fürchte die Zeiten haben sich geändert. Ichhabe langsam das Gefühl, seit Corona ist das Reisen unbezahlbar geworden. Ich war damals als Backpacker unterwegs und Hostels waren echt günstig, ich habe auf Märkten mein Essen gekauft und keine teuren Tauchausflüge oder so gemacht. Aber ich denke heute kommt man mit 100€ nicht mehr weit…

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